Wir fordern gute Arbeitsbedingungen und Bezahlung für alle Dolmetscher:innen im sozialen Bereich. Ehrenamt ersetzt keine fehlenden Strukturen!
Positionspapier zum Dolmetschen im sozialen Bereich
Als Dolmetscher:innen im sozialen Bereich bekommen wir oft nur eine Aufwandsentschädigung oder niedrige Honorare, selbst wenn wir Gespräche dolmetschen, in denen es um Gewalterfahrungen, psychische Probleme, Bildungsentscheidungen, OP-Aufklärungen oder juristische Feinheiten geht. Die Vorbereitungszeit und die oft emotional fordernde Nachbearbeitung unserer Einsätze werden nicht bezahlt und nur selten begleitet.
Wir wissen, dass Dolmetscher:innen im sozialen Bereich (Gesundheitswesen, Bildungs- und Sozialeinrichtungen, Behörden etc.) wegen dieser schlechten Bedingungen Mangelware sind. Wir fühlen uns deswegen den Menschen, die auf Verdolmetschung angewiesen sind, verpflichtet. Staatliche Stellen ruhen sich auf unserer Solidarität aus – wozu sollte man Gelder für die Bezahlung von Dolmetscher:innen bereitstellen, wenn immer mehr Vermittlungspools für ehrenamtliches Dolmetschen entstehen?
Wir wollen das nicht akzeptieren! Dolmetschen im sozialen Bereich ist oft harte, sprachlich und psychisch fordernde Arbeit. Sie muss entsprechend bezahlt werden und unter guten Bedingungen stattfinden!
Wir sind es satt,
… dass es keine Strukturen gibt, die das Recht auf Verständigung durch Dolmetschen garantieren,
… dass wir das Dolmetschen im sozialen Bereich nicht zu unserem Hauptberuf machen können, weil das Geld nicht reicht,
… dass es oft willkürlich und sympathieabhängig erscheint, wer für welchen Einsatz wie viel Geld bekommt,
… der schlechten Bezahlung auch noch hinterherlaufen und mehrmals nachfragen und darum bitten zu müssen,
… dass oft kein Geld für Verdolmetschung zur Verfügung steht und dass fiktive Arbeitszeiten und Tätigkeitsbezeichnungen genannt werden müssen, damit Ehrenamtsverträge gegenüber Geldgeber:innen gerechtfertigt werden können, deren Töpfe eigentlich für andere Sachen gedacht waren,
… ohne Vertrag zu arbeiten, und dadurch Inhalt und Dauer nicht festgehalten werden und diffuse Erwartungen an uns gestellt werden,
… immer wieder erklären zu müssen, was in der Dolmetschsituation zu beachten ist und was unsere Grenzen sind,
… dass es so wenig Betreuung und Begleitung nach schwierigen Dolmetscheinsätzen gibt,
… dass sozialarbeiterische Aufgaben an uns ausgelagert werden, zum Beispiel wenn wir auch noch trösten, erklären und Verständnis aufbauen sollen,
… dass Ehrenamtliche in Krisen- und Problemgesprächen eingesetzt werden.
Wir fordern:
- faire Bezahlung,
- Regelungen und Strukturen, wie Dolmetscher:innen bezahlt werden und woher das Geld kommt,
- Informationen und Schutz für die Dolmetscher:innen: Vorbereitungsmöglichkeiten, und ggfs. Nachbetreuung und Supervision,
- mehr Sensibilität und Anerkennung von Einsatzstellen dafür, was Dolmetschen ist und was es für gute Verdolmetschungen braucht,
- Möglichkeiten für bisher ehrenamtliche Dolmetscher:innen, sich zu qualifizieren und zu professionalisieren.
Dolmetscher:innen aus Sachsen und Sachsen-Anhalt
Wenn ihr auch dolmetscht und Lust auf Vernetzung, Austausch oder Zusammenarbeit habt, dann meldet euch unter folgendem Kontakt: spracharbeit [at] fau [dot] org!
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