Dolmetschen im Gemeinwesen – Ergebnisse der Lohnumfrage

Wir haben Dolmetscher:innen im Sozialwesen, Gesundheitsbereich, Bildungssystem und in Behörden gefragt, wie viel sie verdienen und unter welchen Bedingungen sie arbeiten.

Mit 35 Teilnehmer:innen aus verschiedenen Städten und Bundesländern in Deutschland ist die Umfrage zwar nicht repräsentativ, aber es zeigen sich große Unterschiede der Arbeitsbedingungen bei verschiedenen Trägern – und einige Gemeinsamkeiten.

Die Bezahlung reicht von 15 Euro bis 35 Euro pro Stunde, meist als Honorar – es müssen darauf also Steuern gezahlt werden. Manchmal wird statt eines Honorars auch eine Ehrenamtsvergütung gezahlt. Auch werden nicht alle Dolmetscher:innen pro angefangener Stunde bezahlt, sondern teilweise pro halber Stunde oder sie bekommen prozentual den Anteil des Stundenlohns, wenn die Stunde nicht vollendet ist.

Wenn die Klient:in nicht erschien, gaben die meisten Dolmetscher:innen an, die aufgewendete Zeit oder einen vollen Stundensatz bezahlt zu bekommen, einige bekamen aber nur einen halben Stundensatz oder auch gar nichts.

Auch ob Fahrtkosten oder Fahrtzeit bezahlt wurde, war unterschiedlich.

Fünf der 35 Dolmetscher:innen gaben an, komplett ohne Bezahlung für Institutionen des Gemeinwesens zu dolmetschen.

Nur drei der Dolmetscher:innen dolmetschen hauptberuflich, 14 würden aber gern Dolmetschen zum Hauptberuf machen, wenn sie davon leben könnten.

Bist du unzufrieden mit den Bedingungen, unter denen du dolmetschst? Willst du bessere Bezahlung und Anerkennung für deine Arbeit? Zusammen können wir uns austauschen und Forderungen stellen, zusammen können wir etwas ändern!

Kontaktier uns unter:

E-Mail: spracharbeit [at] fau [dot] org

Online: spracharbeit.fau.org

Wir haben bereits Forderungen von Dolmetscher:innen aus Sachsen-Anhalt veröffentlicht, siehe hier.

Faire Dolmetschbedingungen – für ein Recht auf Verständigung!

Wir fordern gute Arbeitsbedingungen und Bezahlung für alle Dolmetscher:innen im sozialen Bereich. Ehrenamt ersetzt keine fehlenden Strukturen!
Positionspapier zum Dolmetschen im sozialen Bereich

Als Dolmetscher:innen im sozialen Bereich bekommen wir oft nur eine Aufwandsentschädigung oder niedrige Honorare, selbst wenn wir Gespräche dolmetschen, in denen es um Gewalterfahrungen, psychische Probleme, Bildungsentscheidungen, OP-Aufklärungen oder juristische Feinheiten geht. Die Vorbereitungszeit und die oft emotional fordernde Nachbearbeitung unserer Einsätze werden nicht bezahlt und nur selten begleitet.

Wir wissen, dass Dolmetscher:innen im sozialen Bereich (Gesundheitswesen, Bildungs- und Sozialeinrichtungen, Behörden etc.) wegen dieser schlechten Bedingungen Mangelware sind. Wir fühlen uns deswegen den Menschen, die auf Verdolmetschung angewiesen sind, verpflichtet. Staatliche Stellen ruhen sich auf unserer Solidarität aus – wozu sollte man Gelder für die Bezahlung von Dolmetscher:innen bereitstellen, wenn immer mehr Vermittlungspools für ehrenamtliches Dolmetschen entstehen?

Wir wollen das nicht akzeptieren! Dolmetschen im sozialen Bereich ist oft harte, sprachlich und psychisch fordernde Arbeit. Sie muss entsprechend bezahlt werden und unter guten Bedingungen stattfinden!

Weiter lesen „Faire Dolmetschbedingungen – für ein Recht auf Verständigung!“

Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung bei Learnship

(Click here for English version.)

Pressemitteilung der Betriebsgruppe Learnship der FAU Köln

Seit dem 01. April 2021 arbeiten freiberufliche Trainerinnen und Trainer bei Learnship wieder für das volle Honorar. Dieses wurde ihnen wegen der Corona Pandemie im Mai 2020 um 25% gekürzt. TrainerInnen bekamen per Email ein Ultimatum: entweder sie unterschreiben einen neuen Vertrag mit 25% weniger Honorar pro Unterrichtseinheit oder sie bekommen keine Kurse mehr zugewiesen. Viele von ihnen konnten es sich schlichtweg nicht leisten, für einen Hungerlohn zu arbeiten. Viele TrainerInnen haben Learnship zu dieser Zeit den Rücken gekehrt und sich anderweitig besser bezahlte Arbeit gesucht. Allerdings mussten viele die Kürzungen akzeptieren. Sie unterschrieben den Vertrag in der Hoffnung, dass sich die Situation bald bessern würde, denn das Learnship Management sprach von temporären Kürzungen.

Weiter lesen „Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung bei Learnship“

Aufruf zur Teilnahme an der offenen Konsultation der EU-Kommission zu Tarifverträgen für Solo-Selbstständige

(Click here for English version.)

Nach gegenwärtigem EU-Wettbewerbsrecht werden Solo-Selbstständige mit Unternehmen gleichgestellt. Damit bleibt ihnen so gut wie keine Möglichkeit, kollektive Vereinbarungen zu Bezahlung und Arbeitsbedingungen abzuschließen. Und da Verhandlungen auf individueller Ebene meist einem enormen Machtgefälle unterliegen, ist es für freiberufliche Übersetzer*innen, Dolmetscher*innen und Sprachlehrer*innen extrem schwierig, die Arbeitsbedingungen in ihrer Branche nachhaltig zu verbessern. Dies gilt insbesondere für Plattformarbeiter*innen, die unter besonders prekären Verhältnissen arbeiten und der Willkür der Plattformbetreiber und Algorithmen ausgeliefert sind, auf die sie nur wenig Einfluss nehmen können.

Die Europäische Kommission will dem nun Abhilfe schaffen. Sie hat Anfang des Jahres eine Initiative gestartet, um die Anwendbarkeit des EU-Wettbewerbsrechts auf Solo-Selbstständige zu klären und mehr Möglichkeiten für Tarifverträge für Solo-Selbstständige zu schaffen. Um weitere Informationen zur Situation von Solo-Selbstständigen einzuholen, hat die Kommission eine öffentliche Konsultation eingeleitet, bei der Solo-Selbstständige, Gewerkschaften und andere Interessenträger sich zu der Initiative äußern können.

Das Spracharbeiter*innennetzwerk ruft zur Teilnahme an der öffentlichen Konsultation auf! Die Frist läuft bis zum 28 Mai 2021 (Mitternacht Brüsseler Zeit); die Beantwortung dauert etwa 20–25 Minuten.

Weiter lesen „Aufruf zur Teilnahme an der offenen Konsultation der EU-Kommission zu Tarifverträgen für Solo-Selbstständige“

Lohnumfrage Dolmetschen im Gemeinwesen

Die Bezahlung von Dolmetscher:innen im Gemeinwesen (Behörden, soziale Einrichtungen, Bildungswesen, Krankenhäuser, Beratungsstellen, …) ist deutschlandweit sehr unterschiedlich. Es gibt keine öffentlichen Zahlen dazu und nur durch informelle Netzwerke können wir erfahren, wie die Bezahlung anderswo ist. Deswegen organisieren wir uns als Dolmetscher:innen (egal ob wir bezahlt oder unbezahlt dolmetschen) in der FAU, um uns auszutauschen und etwas zu verändern, wo wir mit den Bedingungen unzufrieden sind. Mit dieser Umfrage wollen wir die Bedingungen sichtbar und vergleichbar machen. Nur so können wir gemeinsame Forderungen formulieren und unsere Situation verbessern! Wir freuen uns über deine Teilnahme. Die Ergebnisse werden wir auf spracharbeit.fau.org veröffentlichen. Wenn du Interesse hast, FAU-Mitglied zu werden und im Netzwerk Spracharbeit mitzumachen, kontaktier uns: spracharbeit [at] fau [dot] org

Dies ist der Link zur Teilnahme an der Umfrage:
https://dolmetschenimgemeinwesen.limesurvey.net/123695?lang=de

COVID als Vorwand für Ausbeutung – PM der Betriebsgruppe Learnship

COVID als Vorwand für Ausbeutung – Pressemitteilung der Betriebsgruppe Learnship der FAU Berlin und der FAU Köln, Datum: 08.03.2021

Learnship, ein internationaler Dienstleister in der digitalen Sprachvermittlung mit deutschen Standorten in Berlin und Köln, gebraucht die Corona-Pandemie als Rechtfertigung dafür, seinen freiberuflich tätigen Lehrkräften mehr Arbeit und eine geringere Bezahlung an der Grenze des Mindestlohns zuzumuten.

Learnship schult MitarbeiterInnen von über 2.000 KundInnen in 75 Ländern – darunter führende Marken wie Amazon, Bertelsmann, Nestlé, Puma, Roche und Volvo – mit dem Fokus auf Trainer-geführtem Onlineunterricht. Wie bei vielen anderen Unternehmen in dieser Branche, arbeiten bei Learnship nur ein paar Festangestellte. Die meisten TrainerInnen sind freiberuflich tätig. Allein für den Deutschunterricht verfügt Learnship über einen Pool von ca. 150 TrainerInnen.

Weiter lesen „COVID als Vorwand für Ausbeutung – PM der Betriebsgruppe Learnship“

ADÜ-Nord-Briefaktion zur JVEG-Novelle unterstützen!

Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) regelt die Vergütug der Gerichtsdolmetscher:innen und -übersetzer:innen und wird derzeit novelliert. Die Berufsverbände, allen voran der BDÜ, haben sich dabei vor allem für eine Forderung stark gemacht – die Streichung des § 14 JVEG, der die Möglichkeit vorsieht, die vorgeschriebenen Honorare mittels einer Rahmenvereinbarung zu unterschreiten. Die Honorare liegen derzeit bei 70,00 € bzw. 75,00 € pro Stunde und sollen mit der Novelle auf 90,00 € erhöht werden. Über die Rahmenvereinbarungen werden sie laut dem ADÜ Nord häufig auf 55,00 € bis 65,00 € gedrückt.

Zunächst sah es gut um diese Forderung aus. Im Referentenentwurf des Justizministeriums wurde der § 14 gestrichen. Im Regierungsentwurf, der dem Parlament vorgelegt wird, ist der § 14 nun wieder drin – eine „große Enttäuschung“, so der BDÜ.

Diese Frage betrifft alle Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen, da die JVEG-Honorarsätze einer der wichtigsten Standards der Branche sind und auch in anderen Bereichen, die nicht direkt vom JVEG geregelt sind, eine wichtige Rolle spielen.

Daher hat der Berufsverband „Assoziierte Dolmetscher und Übersetzer in Norddeutschland e.V.“, oder kurz ADÜ Nord, eine Briefaktion gestartet. Der Verband engagiert sich auch sonst sehr für die Interessen der Spracharbeiter:innen, z. B. durch die aktive Unterstützung des Gerichtsdolmetscherstreiks in den Niederlanden. Nun ruft er dazu auf, den zuständigen Abgeordneten Briefe zu schicken und so Druck für die Forderung nach der Abschaffung von § 14 JVEG zu machen.

Als gewerkschaftliches Spracharbeiter:innen-Netzwerk unterstützen auch wir die Aktion und rufen unsere Mitglieder und auch alle anderen Arbeiter:innen dazu auf, an der Aktion teilzunehmen. Alle Informationen zur Teilnahme an der Aktion findet ihr auf der Seite des ADÜ Nord.

Auch hier zeigt sich, dass uns Arbeiter:innen nichts geschenkt wird. Wir müssen uns organisieren und unsere Forderungen aus eigenen Kräften durchsetzen. Daher rufen wir alle Spracharbeiter:innen in Arbeit oder Ausbildung dazu auf, gerade jetzt Berufsverbänden und Gewerkschaften beizutreten und sich dort für eine offensive Interessenpolitik einzusetzen.

FAU-Spracharbeiter:innen-Netzwerk, 23. November 2020